Dienstag, 9. Juni 2020

Baukulturelle Bildung

Baukultur ist vorhanden – Baukulturelle Bildung ist eine Investition in die Zukunft


Gebäude überleben in der Regel einige Generationen, wenn nicht Bomben oder die Abrissbirne ihnen ein vorzeitiges Ende bescheren. Der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945 hat in Deutschland in vielen Städten die Leistung von Bomben anschaulich bewiesen und die Abrissbirne hat bei der Trümmerbeseitigung für Kahlschlag gesorgt. Es wundert nicht, dass die Überlebenden dieser Jahrhundertkatastrophe durch raschen Aufbau von Wohnraum einerseits die Städte wieder bewohnbar machten, andererseits durch neue Bauformen nicht mehr an die alte Zeit erinnert werden wollten. Das eröffnete der Abrissbirne weit über das Notwendige hinaus ein weiteres Betätigungsfeld. Die frühe Nachkriegsmoderne kannte kaum den Wert des Vorhandenen, mit Ausnahme von gut erhaltenen Jahrhunderte alten Baudenkmälern. Man wollte eher im Nachkriegsstatus die Chance sehen, das Alte zu überwinden und der Zukunft, z. B. mit einer auto-gerechten Stadt, entgegenkommen. Diese Entwicklung machte auch nicht vor unzerstörten Städten und dem ländlichen Raum halt. Ohne Not wurden in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts mehr Häuser abgerissen, als dem Krieg zum Opfer fielen. Selbst Gebäude, die nach langen Jahren der intensiven Nutzung eine Sanierung brauchten, wurden in ihrem Erscheinungsbild so „erneuert“, dass ihr ursprüngliches Gesicht nicht mehr zu erkennen war. Renovierung war gleichbedeutend mit Entpersönlichung. So erscheinen deutsche Städte und auch Dörfer oft wiederaufgebaut oder ergänzt mit Standardbauten in recht einheitlicher Prägung und mit renovierten Fassaden, die sich kaum unterscheiden.


Es wundert nicht, dass sich vielerorts Unmut äußert, Baumaßnahmen kritisch hinterfragt werden und eine kompetente Gestaltung des öffentlichen Raumes eingefordert wird.  Dabei fehlt es nicht an gutem Willen von Verwaltungen und Investoren, ansprechende Lösungen anzubieten. Doch viele dieser Maßnahmen werden im Endeffekt mehr geduldet als geschätzt. Es scheint, dass zwischen der Wahrnehmung des öffentlichen Raumes durch die Bevölkerung, also denjenigen, die sich im öffentlichen Raum bewegen und denen, die ihn geplant, genehmigt und gebaut haben, ein Kommunikationsproblem besteht. Das in Baumaßnahmen Intendierte wird nicht Realität und das Erwartete erscheint nicht. Sprechen Planer und Nutzer zwei verschiedene Sprachen?
Über Architektur wird viel geredet, weil sie omnipräsent ist, doch zeigt sich sowohl im öffentlichen Diskurs unter Nichtfachleuten wie auch im kleinen eigenen Umfeld, dass sehr oft ästhetische Urteile ohne Sachkenntnis mit deutlich gefühlsbetonter Wertung verbunden die Auseinandersetzung bestimmen. Die Fachleute sehen sich dann oft in der Situation, dass sie ihre Vorschläge oder das bereits Gebaute wortreich erklären und „schönreden“ müssen. In den meisten Fällen ist dann einerseits betroffenes Schweigen die Folge, andererseits verstärkte gefühlsbetonte Ablehnung. Eine Versachlichung, wie sie oft gefordert wird, tritt nach der Fertigstellung eines Bauvorhabens selten ein, eher resignative Gewöhnung mit einer sehr zurückhaltenden Akzeptanz und unguten Gefühlen bei den Verantwortlichen, die sich dann oftmals trotzig auf die „Normalität“ einer solchen Reaktion zurückziehen und sich an das Baurecht halten und Denkmalschutz Aspekte nur widerstrebend erfüllen.


Ästhetische Wertung der Öffentlichkeit trifft auf akademisches Argumentieren mit Fachtermini, die dem Laien nicht geläufig sind. Ein Konsens, der auch Außergewöhnliches zulässt, ist so selten erreichbar. Es fehlen offensichtlich einerseits das Repertoire in Wahrnehmung und Sprache, die Wertvorstellungen zu kommunizieren und andererseits die Bereitschaft, eine elitäre Position aufzugeben. So erhebt sich die Frage, inwieweit lassen sich Problembeschreibung und Problemlösung durch verbesserte Kommunikation im Bereich des öffentlichen Bauens und allgemein in der Baukultur verbessern? Die aktuelle Diskussion um notwendige Bauprojekte und die oft fragwürdigen Ergebnisse signalisieren Handlungsbedarf, denn die aufmerksame Öffentlichkeit spürt, dass mit der wertvollen Ressource Grund und Boden noch viel verantwortlicher umgegangen werden muss, als bisher üblich. Durch die Agglomeration von Gebäuden entsteht noch lange kein angenehmer Lebensraum, ebenso wenig wie aus vielen Tönen Musik entsteht, sondern höchstens Lärm, so muss es das Ziel des öffentlichen Bauens, besonders beim Wohnungsbau sein, keinen „architektonischen Lärm“ zu produzieren, sondern Lebensräume für Menschen zu schaffen, die Heimat suchen und brauchen. Eine besondere Aufmerksamkeit muss wieder die Fassadengestaltung bekommen, denn gerade dieser Übergangsbereich zwischen privatem Innenraum und dem öffentlichen Raum kann nicht nur durch eine 30 cm dicke Außenwand definiert sein. Von innen kommt nicht das Gefühl der Privatheit auf und von außen empfindet man unangenehme Distanzlosigkeit. Abstandsverordnungen und schmale Vorgärten, evtl. nur mit Kiesschüttung lösen das Problem nicht. Die Fassade definiert durch plastische Strukturierung einen eigenständigen transitorischen Bereich zwischen Außen und Innen und gibt dem Außenraum besonders durch seine Gestaltung ihre Aufenthaltsqualität. Materialien und Farbgebung sind an diesem Gestaltungsprozess wesentlich beteiligt. Das Verschwinden von gestalteten Fassaden durch Sanierungsmaßnahmen in den 60er Jahren haben oft nicht nur die Gebäude selbst ihres Charakters beraubt, sie haben auch den angrenzenden öffentlichen Raum unattraktiv gemacht. Ein wesentlicher Grund für das Unbehagen in vielen Stadtquartieren.
Nicht nur die Fassade des einzelnen Gebäudes, sozusagen sein Gesicht, bestimmt in seiner Summe die Wirkung des öffentlichen Raumes und seiner objektiven und emotionalen Wahrnehmung. Wenn der öffentliche Raum eine soziale und damit auch politische Wirkung haben soll, muss die Wechselwirkung zwischen Gebäuden einer Straße, eines Platzes oder eines Quartiers behutsam und gewissenhaft untersucht werden und in der Planung schon berücksichtigt werden. Dabei kommt es darauf an, die Interaktion oder auch Kommunikation zwischen den Gebäuden zu benennen. Denn erst dann wird die emotionale Wirkung transparent. Da es wahrscheinlich nicht grundsätzlich relevant erscheint, die Befindlichkeit von Menschen als stark durch die bebaute Umwelt beeinflusst zu sehen, wird dieses auch nicht ebenso grundsätzlich in der Planung berücksichtigt. Ästhetische Nähe, ästhetische Ferne, ästhetische Rücksichtnahme, ästhetische Rücksichtslosigkeit, ästhetische Kontroverse, ästhetische Polarisierung usw. sind wahrnehmbare Kategorien in Siedlungen und anderen bebauten Räumen und haben einen unmittelbaren Einfluss auf die Empfindungen und die sozialen Interaktionen der Bewohner.


Wir brauchen also baukulturell gebildete Personen, die nicht nur emotional den öffentlichen Raum wahrnehmen, sondern auch konkret benennen können, welche Ursachen ihre Gefühle auslösen und reduzierte Hemmungen haben an der Gestaltung des öffentlichen Raumes teilzunehmen.

Was zeichnet eine baukulturell gebildete Person aus? (individuelle Kompetenz)


Baukulturelle Bildung ist zunächst ein Teilbereich der kulturellen Bildung, die sich auf alle Bereiche der Kultur bezieht. Kulturelle Bildung wird in erster Linie eingefordert von Kulturinstitutionen, die einerseits ihren Nachwuchs ansprechen wollen und andererseits ein kompetentes Publikum erwarten. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Musik und des Theaters. Außerdem ist die Anstrengung der Institutionen im Bereich der kulturellen Bildung notwendig, um von der Öffentlichkeit anerkannt und subventioniert zu werden. So wird „kubi“ zu einem Teil der Allgemeinbildung, die als Leistung der öffentlichen Schulen und Bildungseinrichtungen erwartet wird. Sich selbst als Teilhaber einer Kultur zu verstehen, daran Interesse zu entwickeln und zur passiven und aktiven Teilhabe fähig zu sein, ist das ausgewiesene Ziel. Talentförderung und wirtschaftliche Interessen sind starke Antriebskräfte „kubi“ voranzutreiben. Die Forderung nach baukultureller Bildung muss einerseits ihre Notwendigkeit begründen, andererseits ihre Inhalte beschreiben. Bei oberflächlicher Betrachtung erscheinen Elemente der „bakubi“ nur in einem kleinen Teilbereich der in den Lehrplänen beschriebenen Inhalte des Fach Bildende Kunst, dabei ist „bakubi“ der Bildungsbereich, der jeden Menschen nicht nur ab und zu berührt, sondern der in ununterbrochen lebenslang berührt und wenn die Person sich nicht selbst gestaltend beteiligt, muss sie auf die sie umgebende gebaute Welt passiv oder reaktiv eingehen. Demgegenüber erscheint das Angebot an Bildungsinhalten im allgemeinbildenden Schulwesen unterrepräsentiert.


Fortsetzung folgt.

Montag, 10. Juli 2017

Broschüre "Baukultur in Schwäbisch Gmünd" zum downloaden

Sie können die Broschüre "Baukultur in Schwäbisch Gmünd - Ziele und Anregungen zur Diskussion vorgestellt von der Bürgerinitiative Pro Gamundia - Lex Gamundia" als pdf-Datei HIER downloaden.

Veröffentlichung zur Baukultur



Pressetermin im Rathaus Schwäbisch Gmünd am 9.Juni 2017



Die Bürgerinitiative (BI) „Pro Gamundia - Lex Gamundia“ entstand spontan im Kontext des Abrisses einer Gründerzeitvilla in der Charlottenstraße Ende Januar 2014. Die BI präzisierte ihre Ziele in der Folgezeit und legte sie der Stadtverwaltung und dem Stadtrat zur Diskussion vor. 2015 wurden diese Ziele von allen mit der Baukultur in Schwäbisch Gmünd befassten Stellen gut geheißen und begrüßt und Unterstützung zugesagt. Die intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Baudezernat hat in der jüngeren Vergangenheit schon positive Früchte getragen.

Die wichtigsten Zielsetzungen der BI wurden angegangen und haben markante Zwischenergebnisse erreicht. So steht die Erweiterung der Gesamtanlagen-Schutzverordnung vor dem Abschluss. Der geschützte Altstadtbereich wird um erhaltenswerte Quartiere aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert erweitert werden. Der Wunsch nach einem Beirat, der sich mit Bauvorhaben im Vorfeld beschäftigt, wurde durch die Gründung des „Forums Baukultur“ (Gründung am 10.11.2016) in eine angemessene, wenn nicht verbesserte Form gebracht.

Eine Stadtentwicklung, die soziale Bereiche, wirtschaftliche Notwendigkeiten und ästhetische Erscheinung im respektvollen Miteinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft berücksichtigt, kann nur erreicht werden, wenn in der Öffentlichkeit eine Sensibilität für diese Prozesse entsteht und wächst. Der auf Sachverstand und Interesse gegründete Dialog in der Öffentlichkeit und in den Gremien muss gewünscht und gefördert werden.

Um dazu beizutragen, legt die Bürgerinitiative „Pro Gamundia - Lex Gamundia“ heute diese Broschüre vor, die Sie in Händen halten. Nichts darin erhebt den Anspruch auf Vollständigkeit. Unsere Absicht ist es, ein Problemfeld zu umreißen und Aspekte anzusprechen, die sonst eventuell im alltäglichen Planungs- und Entscheidungszwang unter den Tisch fallen.

Wir von unserer Seite haben die Bürgerinitiative in einen nicht eingetragenen Verein umorganisiert. Mitglied kann jeder an der Materie Interessierte werden (Beitrittsformulare bei Frau Kanzler). In diesem Zusammenhang muss neben dem freundschaftlichen Miteinander in der BI der engagierte und zukunftweisende Dialog mit dem Baudezernat, Herrn Mihm und Frau Bosch, gewürdigt werden. Ohne ihre Begeisterung und Offenheit, glaube ich, wären wir nicht so weit gekommen. Ebenfalls danken möchte ich der Eduard-Dietenberger-Stiftung Schwäbisch Gmünd, die die Herausgabe der Broschüre großzügig unterstützt hat.

9.6.2017

Freitag, 24. Juli 2015

Zielvorstellungen der Bürgerinitative

"Was wir wollen"

 

Wir wollen den Bestand an historischen Bauten erhalten mit Respekt vor ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild.

Wir wollen, dass das Flair unserer Stadt erkannt wird, erhalten bleibt und behutsam entwickelt wird.

Wir wollen, dass die Architektur wieder Baukunst genannt werden kann und nicht nur Zwängen folgen muss zwischen Funktionalität und Rentabilität.

Wir wollen, dass gerade der soziale Wohnungsbau sich an den sozialen und ästhetischen Bedürfnissen der Bewohner orientiert und städtebauliche Akzente setzt im Einklang mit dem historischen Stadtkern.

Wir wollen nicht, dass die sehenswerte historische Stadt von banalen, ausdruckslosen und gleichförmigen Bauten aufgefressen wird! Diese ungestaltete Architektur bringt keine Sehenswürdigkeiten hervor.

Wir wollen, dass Gestaltungsprinzipien Anwendung finden im Einzelbau und im Stadtraum.

Wir wünschen uns, dass bei Sanierungsmaßnahmen und Neubauten wieder Haus-Persönlichkeiten entstehen.

Wir wünschen uns, dass Altbauten wieder ihren ursprünglichen Charakter erhalten durch Respekt auch vor Details wie Fenster, Türen und Schmuckelementen. Viele Altbauten in Schwäbisch Gmünd wurden durch unpassende Fenster und Fassaden „entpersönlicht“. Viele Neubauten haben keine Persönlichkeit, weil weder der Architekt seine Kreativität einsetzen kann, noch der künftige Bewohner Gestaltungsspielraum erhält. Eine große Zahl zeitgenössischer  Bauten folgt einem Entstehungskonzept, das schon vorhandene Planungsmuster, rationalisierte Produktionsprozesse und renditeoptimierte Vermarktung miteinander verbindet. Die Summe solcher Bauten ergibt keine Stadtpersönlichkeit, sondern verstärkt die schon 1965 von Alexander Mitscherlich beklagte „Unwirtlichkeit unserer Städte“.  Viele modern sein wollende Bauten und Stadtrandsiedlungen sind Klone eines Zeitgeistes, der nicht das menschliche Maß in den Vordergrund stellt. Sie altern deshalb auch nicht, sondern verrotten langsam und überschwemmen die Städte wie Plastikmüll die Weltmeere.

Hier ein Zitat von Brent C. Brolin, dem nichts hinzuzufügen ist:
"Der visuelle Facettenreichtum traditioneller Bauten bedeutete, dass sich dem Betrachter, je näher er herantrat, Schritt für Schritt einzelne Schichten des Ornaments in ständig kleiner werdendem Maßstab erschlossen. Da sich fortwährend Neues darbot, blieb das Auge beschäftigt und interessiert. Die ornamentlose Kahlheit moderner Architektur bereitet dem Auge selten lohnende Reize. Die modernen Bauten sind meist schon aus der Entfernung mit einem Blick zu erfassen ... Die Masse der einförmigen Kuben, langgestreckt oder hochaufragend, und der glatten, kahlen, mit ihrer starren Abfolge alternierender Wand- und Fensterbänder, beliebig ausdehnbaren Wandflächen, ausdruckslos und ohne Individualität. Hat man einige von ihnen gesehen, hat man sie alle gesehen. Nichts reizt dazu näherzutreten, genauer hinzuschauen, und so schauen die meisten auch nicht mehr hin."

[1] Brolin, Brent C. "Das Versagen der modernen Architektur", Ullstein Sachbuch 1976, S. 37

Deshalb brauchen wir eine Satzung, die richtungsweisend ist
  1. für die Erhaltung vorhandener Bausubstanz
  2. für die Wiederherstellung der ursprünglichen Fassaden nach Veränderungen in der jüngeren Vergangenheit
  3. für die Gestaltung neuer Gebäude im Kontext des Stadtbildes

Zu 1.:
Erhaltung ist in jedem Fall einem Abriss vorzuziehen.
Nutzungskonzepte integrieren die vorhandene Bausubstanz

Zu 2.:
Anstehende Sanierungsmaßnahmen berücksichtigen das ursprüngliche Erscheinungsbild in allen Elementen (Material, Farbe, Fenster, Türen, Dachformen und Schmuckelementen)

Zu 3.:

Neubauten in Baulücken und noch vorhandenen Brachen setzen moderne wertige Akzente im Stadtensemble.
Neubebauungen an der Stelle abgegangener Bauwerke übernehmen deren Stellenwert im Stadtbild: Sie ordnen sich ein in das Ensemble der umgebenden Fassaden, sie übernehmen die Funktion des Blickankers im Straßenverlauf falls nötig in der passenden Dimension und mit evtl. möglichen Zitaten.

Die Stadtpersönlichkeit von Schwäbisch Gmünd muss bei allen Baumaßnahmen respektiert, gewürdigt und weiterentwickelt werden, um eine nachhaltige und zukunftsfähige Stadtentwicklung zu ermöglichen.

Merkmale der Stadtpersönlichkeit von Schwäbisch Gmünd
sind (unvollständig):
  • Stauferstadt
  • Hl.-Kreuz Münster im Zentrum (eines der wertvollsten Gebäude der süddeutschen Sondergotik)
  • Reichsstadt
  • Barockstadt
  • Gold- und Silberstadt
  • Stadt berühmter Künstler (Parler, Baldung, Ratgeb, Leutze, Fehrle, Pleuer u.a.)
  • Stadt mit einer lebendigen Erinnerungskultur
  • Stadt mit einem bürgerschaftlich geprägten Vereins- und Kulturleben
  • Stadt mit einer ausgeprägten Willkommenskultur
  • Hochschulstadt mit den Schwerpunkten Pädagogik und Gestaltung

Donnerstag, 14. Mai 2015

Was noch zu sagen wäre: Ein kleiner Nachschlag zur Bauausschusssitzung


In der Sitzung des Bauausschusses am 22.4.2015 herrschte allenthalben Dankbarkeit und Zustimmung zu den Aktivitäten der Bürgerinitiative „Pro Gamundia - Lex Gamundia“. Als Mitglied dieser Initiative konnte man fast das Gefühl bekommen, man würde offene Türen einrennen und weitere Aktivitäten mit Ausnahme der Erstellung des Katasters - seien überflüssig.

OB Richard Arnold überreichte den anwesenden Mitgliedern der BI im Anschluss an die Präsentation neben dem kostbaren vierbändigen Werk von Richard Strobel, Kunstdenkmäler in Baden- Württemberg - Schwäbisch Gmünd, auch noch die hochwertig gestaltete Broschüre, Gmünd 2020 - Agenda für eine nachhaltige Stadtentwicklung.

Das edle Heft lädt ein zum Blättern und Lesen:

Im Handlungsfeld Urbanität kann man unter den Leitzielen 1 und 2 Zielsetzungen der Bürgerinitiative „pro Gamundia - Lex Gamundia“ vermuten. Dort heißt es:

1. Urbane Qualitäten stärken, identitätsstiftende Gebäude erhalten und öffentliche Räume qualitätsvoll gestalten.

2. Wachsen mit Offenheit für Neues, dabei Ergänzungen und Verbindungen von Alt und Neu in unterschiedlichen Funktionen, vielfältige architektonische Formen im urbanen Raum stärken.

Auf der Ebene einer recht weitreichenden Agenda ist ein differenzierter Blick auf die angesprochenen Handlungsfelder kaum zu erwarten. Doch sollte man gerade unter der Erkenntnis, dass „Wirtschaft und Arbeitsplätze“ nur an einem „sympathischen Standort mit hoher Lebensqualität“ gedeihen, weiterdenken, was einen „sympathischen Standort“ ausmacht.

80 % der Welterfassung und -erfahrung macht der Mensch mit den Augen. Alle Sinne wollen beim Aufenthalt in der Stadt zu einer positiven Wahrnehmung kommen: Alles, ein gepflegtes historisches Stadtbild, eine Geräuschkulisse, die Unterhaltung zulässt und nicht beängstigt, der Duft von Kaffee und frischem Brot, Geschmackserlebnisse in einer attraktiven Gastronomie bis hin zur Haptik von Türgriffen und Automaten, alles leistet seinen Beitrag zu dieser „Sympathie“. Wir dürfen aber nicht vergessen: 80% trägt das Sichtbare zu diesem Wohlfühlen bei. Verantwortliche und kompetente Gestaltung ist der wichtigste Anteil am Wohlfühlfaktor einer Stadt!

Nicht nur Arbeiten, Wohnen, Einkaufen, Kinder spielen lassen, diese beschulen und evtl. einen Kaffee während der Shoppingtour trinken sind Ausdruck der Bedürfnisse der Stadtbewohner, sondern das Wohlfühlen in einem ästhetisch sinnvoll erhaltenen und gestalteten Stadtraum ist gleichberechtigter Anreiz für die Stadtwahl.

Das Auge isst mit, weiß jeder Gastronom; doch in Bezug auf Architektur lässt sich der Bürger noch viel zu viel unreflektiert aufs Auge drücken, z.B. Restbestände eines barocken Hauses auf Augenhöhe im Erdgeschoss, Portal, Schmuckelemente, Fenster mit schmiedeeisernen Fenstergittern alles noch da und ab dem ersten Stock eine banalisierte Fassade mit standardisierten Kunststofffenstern (Abb.1).



Oder: Ein Eisenbetongebäude mit vorgesetzten Betonelementen, die an zersägte Rohre erinnern in einem Stadtquartier mit kleingliedrigen Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert (Abb.2).





-Kleider machen Leute!- sagt man und meint damit, dass die Kleidung etwas über ihren Träger aussagt und der Träger mit seiner Kleidung etwas über sich sagen will. Dasselbe gilt auch für die Architektur - die Architektur macht die Stadt-. Das klingt banal, meint aber immer die Kommunikation zwischen den Besitzern, Bewohnern und der Öffentlichkeit, zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit Ausblicken in die Zukunft, sie zeigt Unterschiede zwischen Regionen und Mentalitäten. Letztendlich ist das nicht banal, sondern hoch komplex und bedarf einer bewussten Pflege mit Sachverstand, Verantwortungsgefühl und manchmal auch Mut. Das kann nur in gemeinsamen Anstrengungen umgesetzt werden, orientiert an allgemein akzeptierten Richtlinien (Lex Gamundia) und einem Erhaltungs- und Gestaltungsbeirat, der sich unabhängig von jeder Parteilichkeit darum kümmert.

Eine Fassade aus pflegeleichten Eternit-Platten an einem barocken Stadthaus mag den einen oder anderen genauso wenig stören wie eine Portion Kaffee im Pappbecher. Mit Genuss hat wohl beides nichts zu tun. Wie sagt doch der Schwabe: Coffee to go - Kaffee zom davolaufa.

Rudolf Berkenhoff

für die Bürgerinitiative „Pro Gamundia - Lex Gamundia“

29.4.2015

Anerkennung der Arbeit der BI "Lex Gamundia" im Bauausschuss

Am 22. April 2015 hatte die Bürgerinitiative "Pro Gamundia-LexGamundia" Gelegenheit sich selbst und ihr Anliegen sowie ihre Arbeit vorzustellen.
Das Echo war sehr positiv, wie der Bericht in der Rems-Zeitung vom 23.4.15 zeigt.

Montag, 9. März 2015

Antrag an die Stadtverwaltung

Die Bürgerinitiative „Pro Gamundia/Lex Gamundia“ stellt den Antrag, die in beiliegendem Stadtplan ausgewiesenen Gebiete (und Einzelquartiere) außerhalb der Kernstadt in die Bestandserhaltungsverordnung, die für die Kernstadt bereits vorliegt, aufzunehmen.

Gleichzeitig bittet sie um die Einrichtung eines Beirats für Bewahrung und Gestaltung (BBG), der sich aus maximal 10 Personen zusammensetzt und ehrenamtlich arbeitet. Die Mitglieder sind engagierte Laien und Fachleute z.B. Architekten – Kammergruppe aus der Stadt oder Personen mit enger Verbindung zur Stadt. Der Modus der Auswahl muss noch erarbeitet werden.

Dieser Beirat soll bei allen beabsichtigten Veränderungen im ausgewiesenen Bereich (Erhaltungs-, Umbau-, Erweiterungs- und Abrissmaßnahmen sowie bei Neubauten) um eine Stellungnahme gebeten werden. Die Einbeziehung des BBG muss so frühzeitig geschehen, dass seine Vorschläge Berücksichtigung finden können.

Die Erstellung eines Katasters wird durch weitere Zuarbeit durch die BI unterstützt.


Entwurf: Stand 14. Januar 2015